Huawei: Kein schöner Tag
22. Mai 2019Huawei: Kein schöner Tag
Shanghai, 22.5.2019
Von Horst Buchwald
Am Ende des Tages holte Steve Bannon die Keule raus. Der geschasste Sicherheitsberater von US- Präsident Trump und nun Hans- Dampf- in -allen -Gassen, war sich nicht zu schade gegenüber der „South China Morning Post“, auch noch seinen Senf zum Thema Huawei in die Welt hinaus zu spritzen: Huawei aus den Vereinigten Staaten und Europa zu vertreiben, sei „10 mal wichtiger“ als ein Handelsabkommen mit China, meinte er. Mehr noch: Er werde seine ganze Zeit darauf verwenden , chinesische Unternehmen von den US-Kapitalmärkten auszuschließen. Weil er selber gar nichts in dieser Richtung bewirken kann, fragt sich: Wer war sein Adressat?
Der Tag begann mit Unheil. Denn gleich vier führende US- Chiphersteller gaben Huawei die Rote Karte: Intel, Qualcomm, Xilinx und Broadcom. Sie teilten ihren Beschäftigten mit, dass sie Huawei bis auf weiteres nicht beliefern würden. Damit setzte sich fort, was wir gestern bereits angesagt haben: Der Handelskrieg wir ein Technologiekrieg.
Nach diesem Muster ging es weiter. Kurz bevor die Kirchenglocken die Mittagsruhe einläuteten, flatterte aus London die Nachricht herein, dass EE, der Betreiber des größten britischen Mobilfunknetzes und Tochter – Unternehmen von BT , werde die Markteinführung der 5G-Geräte von Huawei aufschieben. Etwas umständlicher formulierte es EE CEO Marc Allera: „Bis wir die Informationen und das Vertrauen erhalten, dass uns die langfristige Sicherheit gibt, dass unsere Kunden, wenn sie diese Geräte kaufen, ein Leben lang unterstützt werden, haben wir das Gerät bei uns…. wir haben diese Geräte auf Pause gesetzt.“
Noch ein schwerer Schlag, denn es riecht geradezu danach, das EE nur den Anfang gemacht hat. Und was bedeutet das?
Huawei hatte große Hoffnungen auf die in den nächsten Tagen geplante Einführung der Honor 20 Series in Europa gesetzt. Das ist immerhin der größte Markt außerhalb Chinas. Huawei hatte hier im vierten Quartal 2018 zusammen einen Marktanteil von 23,6 Prozent , ein deutlicher Anstieg gegenüber 14,8 Prozent im Vorjahr. Die Lieferungen der Konkurrenten Samsung und Apple gingen im vierten Quartal 2018 zurück, so ein Bericht von Canalys vom Februar.
Der fehlende Zugang zum Google Play Store entfaltet nun seine Wirkung. Einige Analysten gaben dann folgende Einschätzung: Huawei könne weiterhin Smartphones außerhalb Chinas verkaufen, aber nur, wenn sie ihre eigene Version von Open Source Android betreiben – also die gleiche, die auch in ihren Smartphones in China verwendet wird. Das Problem: Diese Version müsse dann aber auch in den Honor-Geräten deutlich besser und billiger sein als Samsung oder andere chinesische Marken wie Oppo, Xiaomi und OnePlus. Nur dann werde Huawei die Käufer bewegen können, ein Gerät ohne die Google-Apps und den App Store zu benutzen.
Schließlich machte eine weitere Analystengruppe noch folgende Rechnung auf: Huawei lieferte 2018 insgesamt 206 Millionen Smartphones, 105 Millionen davon nach Festlandchina, wie IDC-Daten zeigen würden. Das bedeutet: rund die Hälfte des Smartphone-Geschäfts von Huawei werde in Zukunft vom potenziellen Verlust der Google-Dienste betroffen sein.
Huawei versuchte wieder in die Offensive zu kommen, indem sie bekannt gaben, was wir gestern schon mutmaßten. Laut „Bloomberg“ arbeite man schon seit 2012 an einem eigenen Mobile-OS, das anstelle von Android zum Einsatz kommen könnte und Huawei betreibe auch einen eigenen App Store und werbe bei Entwicklern dafür. Die englischsprachige „Global Times“ ergänzte. : Es handele sich um ein Projekt namens „Hongmeng OS“, das schon seit 2012 entwickelt werde. Das OS soll zwischen Herbst 2019 und Frühling 2020 auf den Markt kommen und auf Smartphones, Tablets, PCs, TVs, Wearables und Entertainment-Systemen fürs Auto von Huawei laufen.
Alles gut? Keineswegs. Einmal abgesehen davon, das diese Produkte zu spät kommen, bleibt doch die Frage, ob ein Smartphone mit einem völlig anderen Betriebssystem, ohne Apps aus dem Play-Store, ohne Gmail und Google Maps ausserhalb von China Käufer finden wird?