VW schluckt Diconium/ Wichtiger Schritt für den Aufbau einer globalen Vertriebsform

VW schluckt Diconium/ Wichtiger Schritt für den Aufbau einer globalen Vertriebsform

12. Januar 2020 0 Von Horst Buchwald

VW schluckt Diconium/ Wichtiger Schritt für den Aufbau einer globalen Vertriebsform

Berlin, 12.1.2020

Mit der vollständigen Übernahme des Softwareentwicklers Diconium ist VW dem damit verbundenen Ziel – nämlich Aufbau einer globalen Vertriebsplattform – einen weiteren Schritt voran gekommen.

Beschäftigte von Volkswagen und Diconium arbeiten bereits seit Juli 2019 am neuen Volkswagen We Campus in Berlin zusammen. Demnächst sollen hier rund 900 Fachkräfte für die Entwicklung neuer Mobilitätsservices und Dienste zusammenarbeiten.

Andreas Schwend, Mitbegründer und Co-Geschäftsführer von Diconium, begründete die Zustimmung zur Übernahme (seit Ende 2018 besitzt VW 49 Prozent der Anteile ) damit, dass man nun unter dem Dach des Weltkonzerns die Möglichkeit habe, „eines der aktuell wohl spannendsten Digitalisierungsvorhaben mitgestalten zu dürfen“.

Problemlos ist dies allerdings auch nicht, denn beim ID.3, dem ersten Elektroauto, das Volkswagen in großer Zahl herstellt, gibt es seit Dezember Schwierigkeiten mit der Software-Installation. Derzeit werden die Fahrzeuge gebaut, ohne dass die Software direkt installiert werden kann. Das Problem soll sich bis in den Frühling 2020 ziehen.

Als weiteren Grund für die Zustimmung gab Diconium an, dass “ unsere Marke, unsere DNA und unsere Eigenständigkeit erhalten“ bleibe. Warum dies so sein soll, blieb offen und ob diese Einschätzung tatsächlich zutreffen wird, muss man abwarten. Für VW jedenfalls zählen andere Fakten: nämlich die globale Ausrichtung von Diconium: die Stuttgarter sind mit insgesamt über 1.000 Beschäftigten in Portugal, den USA, Indien und China vertreten. Entwickelt werden digitale Vertriebsplattformen sowie IT-Systeme im Kundenmanagement. Damit stopft Diconium zahlreiche Lücken im bisherigen Konzept, die die Wolfsburger wohl kaum allein so rasch hätten schließen können.

Volkswagen hatte im November die Tochterfirma Car.Software.org gegründet, die Software für alle Marken entwickeln soll. Davon wird Diconium ein Teil. Zu den Aufgabenbereichen zählen Funktionen wie Multimedia-Streaming im Auto, automatisches Bezahlen für das Laden und Parken sowie Updates für das Fahrzeug. Dazu wird die Online-Vertriebsplattform mit der Volkswagen Automotive Cloud verknüpft, deren Aufbau ebenfalls in der Car.Software-Organisation betrieben wird.

Volkswagen will mit Diconium seine Fähigkeiten im digitalen Vertrieb stärken. „Dazu zählt der Aufbau einer globalen Online-Vertriebsplattform, über die Kunden aller Konzernmarken künftig digitale Dienste und On-Demand-Funktionen für ihr vollvernetztes Fahrzeug einkaufen und verwalten können“, heißt es in Wolfsburg. Diconium hat eine Art digitales Kaufhaus mit Nutzeroberfläche entwickelt, über das VW-Kunden in Zukunft neue Dienste buchen sollen. „

Jürgen Stackmann, Volkswagen Markenvorstand für Vertrieb und Marketing, verweist darauf, dass digitales Know-how für die Zukunft des Konzerns entscheidend ist. Als Beispiel nennt er das „We“-Ökosystem, mit dem VW passgenaue digitale Dienste und Mobilitätsangebote für Kunden anbieten. „Wir wollen künftig Fahrzeuge, Kunden und unsere Partner im Handel noch stärker miteinander vernetzen und ein durchgehendes ‚Markenerlebnis Volkswagen‘ schaffen. Zur Realisierung eines Omnichannel-Angebotes für unsere Kunden benötigen wir die E-Commerce-Kompetenz von starken Partnern wie Diconium“, erläutert er die strategischen Hintergründe des Deals.

Zufrieden gibt sich auch Christian Senger – der Software-Chef von VW. Seine neue Einheit gewinnt durch die Übernahme auf einen Schlag 1200 neue Mitarbeiter. Somit habe er „ Zugang zu exzellenter Expertise“, lobt er seine künftigen Partner.

Mit rund 500 Software-Fachleuten war Senger im Frühjahr 2019 gestartet. Bis 2025 soll die Zahl der Mitarbeiter seiner Einheit auf 10.000 steigen. Allein in diesem Jahr will VW noch rund 2500 neue Software- und Digitalexperten einstellen. Knapp 10 Prozent der Software entwickelt VW derzeit selbst, bis 2025 sollen es mehr als 60 Prozent sein.