Huawei-Bann: Vom Handelskrieg zum Technologiekrieg
22. Mai 2019Huawei-Bann: Vom Handelskrieg zum Technologiekrieg
Singapur, 21.5.2019
Von Horst Buchwald
Schon mal was von einem Unternehmen JL MAG gehört? Niemals? Kein Problem, diese Firma ist nicht berühmt. Warum wird sie plötzlich wichtig? Sie ist der größte Förderer und Verarbeiter von seltenen Erden. Ihr Standort: Ganzhou. Diese Stadt liegt in der Provinz Jiangxi. Es war ganz gewiss kein Zufall, dass ein Kommentar in der Parteizeitung „Global Times“ überdeutlich auf dieses „Ass in Pekings Hand“ aufmerksam machte – mit dem Hinweis, das die USA ein bedeutender Käufer von seltenen Erden ist. So gut wie jeder in den Hightechbranchen weiß: ohne sie gäbe es keine Smartphones und Elektroautos müssten in der Garage stehen bleiben. Auch Windenergieanlagen können nicht weiter betrieben werden. Das war nur eine kleine Auswahl.
Die Chinesen lieben Theater und symbolische Fingerzeige. Genau das Schauspiel fand drei Tage später statt. Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping unternahm einen Ausflug nach Ganzhou. Sein Begleiter war der oberste Wirtschaftsberater Liu He, also jener Mann, der in Washington die Verhandlungen Rahmen des Handelskrieges führt. Sie waren die Ehrengäste bei JL MAG. Selbst die Faktumignoranten in der Trump – Regierung dürften diesen Fingerzeig kaum übersehen haben.
Was wirklich wäre, wenn China dieses Ass einsetzt, kann zu diesem Zeitpunkt nur schwer eingeschätzt werden. Wer nun glaubt, wir hätten die gleiche Situation wie 2010, als China diese „Waffe“ schon einmal gegen Japan einsetzte, und nicht viel Glück damit hatte, der übersieht, dass sich die Welt inzwischen radikal verändert hat.
Das trifft auch auf jene Maßnahme zu, die so aussieht, als könnte sie Huawei die Beine wegpusten. Dazu nur zwei Hinweise: Es gibt gute Gründe für die Annahme, das die Chinesen mit solchen Schritten gerechnet haben. Also arbeiteten sie mit Hochdruck daran, um zwei Schwachstellen auszugleichen: Ein eigenes Betriebssystem und eine eigene App- Gallery. Natürlich ist das noch lange nicht die Rettung. Aber wenn die Smartphones von Huawei weltweit Millionen überzeugen, warum sollen die Entwickler bei Huawei mit einem
neuen Betriebssystem und einer anderen App- Gallery nicht ebenso erfolgreich sein?
Die Chinesen mögen keine Hektik. Sie denken lieber länger und gründlicher nach und entscheiden dann. Die Trumpisten hingegen scheinen gern aus der Hüfte zu schießen – und treffen dann immer die Falschen. Die Rede ist von den sich abzeichnenden Auswirkungen ihres Krieges gegen Huawei. Der Anfang der Woche in Bezug auf Smartphones und Halbleiter ausgesprochene Bann war nämlich ein Schlag ins Wasser und keine chirurgisch präzise und durchdachte Maßnahme. Denn aus welchem Grunde ruderte bereits gestern der amerikanische Handelsminister wieder rückwärts? Plötzlich gewährten sie nämlich Huawei eine Frist von 90 Tagen, um sein Betriebssystem umzustellen. Verschwiegen wurde : die gesamte Telekom- Industrie Amerikas und im Rest der Welt haben den beiden weltwirtschaftlichen Greenhorns klar gemacht, dass ihre von Huawei gelieferten Systeme in kurzer Zeit zusammenbrechen würden. Bei Handelsminister Wilbur Ross hörte sich das so an: dieser Schritt sei eine Art Gnadenfrist für Telekom Betreiber, die mit Huawei- Geräten arbeiten. Ross spielt gern den Unantastbaren. Dabei dürfte es ihn schon bald an den Kragen gehen.
Denn der nächste Rückzug zeichnet sich schon ab. Die amerikanischen Beschränkungen sind nämlich dabei, eine beginnende Erholung in der Halbleiternachfrage in den wichtigen Technologiezentren wie Südkorea und Taiwan auszulöschen. In diesen Märkten dominiert China die Käufe . Einige Beispiele: China und Hongkong nahmen 2017 zusammen 69% Prozent der südkoreanischen Chipprodukte auf, von den Taiwanesen importierten sie 56 %, aus Vietnam 51 %, aus Japan 43 % und aus Malaysia 39 %. Ein wichtiger Indikator ist außerdem der Asia Semiconductor Leading Index. Im Januar zeigte er deutliche Tendenzen der Erholung. Im Mai bezeichneten die Analysten ihn als „festgefahren „.
Auch die Halbleiterlieferungen, die in Südkorea ein Fünftel der Exporte ausmachen, sanken 33 %. Fazit: der Handelskrieg zwischen USA und China bereitet den asiatischen Elektronikherstellern erhebliche Probleme.
Es zeichnet sich also ab, dass der Handelskrieg sich mehr und mehr zu einem Technologie – Krieg entwickelt. Ob die Amerikaner mit ihren Schaumschlägern Trump und Ross den gewinnen können? Wahrscheinlich nicht. Um es mit einem Witz zu verdeutlichen:
Wie heißt die Steigerung von Bull-Shit ? Denken Sie nach! Denken Sie nach! Okay: Trump-Shit!