Neue Einblicke in das Navigationssystem des menschlichen Gehirns

Neue Einblicke in das Navigationssystem des menschlichen Gehirns

30. Juli 2019 0 Von Horst Buchwald

Neue Einblicke in das Navigationssystem des menschlichen Gehirns

Boston, 29.7.2019

Nach einer in „ Nature Communications“ veröffentlichten Studie haben die Forscher der Boston University Jake Hinman, William Chapman und Michael Hasselmo, Direktor des Center for Systems Neuroscience der BU und Professor für Psychologie und Hirnforschung am College of Arts & Sciences bei Ratten spezialisierte Gehirnzellen entdeckt, die diese Nager mit persönlichen Karten ihrer Umgebung versorgen. Sie glauben, dass auch das menschliche Gehirn über diese Neuronen verfügt. Doch dazu sind weitere Forschungen erforderlich.

Die Studie bietet wertvolle Einblicke in die Funktionsweise des Navigationssystems des Gehirns – Wissen, das genutzt werden könnte, um intelligentere autonome Fahrzeuge zu entwickeln, die sich sowohl um Hindernisse als auch um lebende Organismen herum bewegen können.

Seit Jahrzehnten denken Wissenschaftler, dass ein Bereich des Gehirns, der Hippocampus genannt wird, Karten unserer Umgebung speichert und so funktioniert, als wäre es der Aktenschrank des Gehirns für Kartendarstellungen, die den Google Maps- Karten ähneln. Einige Forscher meinen jedoch, diese Karten können erst dann effektiv zur Navigation in unserer Umgebung genutzt werden, wenn unser Gehirn sie zunächst in die „Street-View“-Version von Google Maps konvertiert hat. Mit anderen Worten, wir müssen eine Vorstellung davon entwickeln, wo sich die Grenzen und Orientierungspunkte der Karte in Bezug auf uns selbst befinden.

Die Studie wurde teilweise durch einen multidisziplinären Zuschuss des Verteidigungsministeriums in Höhe von 7,5 Millionen US-Dollar finanziert. Der Hintergrund: „Ziel ist es, Roboter in die Lage zu versetzen, in komplexen Umgebungen effektiv zu navigieren“, erklärt Hasselmo.

Das erläutert er am Beispiel des japanischen Kernkraftwerkes Fukushima Daichii im Jahr 2011. Eine hohe Radioaktivität verhinderte, dass Ingenieure die Situation sicher persönlich angehen konnten. Stattdessen wurden Roboter eingesetzt. Doch sie stolperten oft über Trümmer und andere unvorhersehbare Hindernisse.

Hasselmo sagt, dass selbstfahrende Roboter besser gerüstet wären, um gefährliche Situationen wie Fukushima zu bewältigen. Selbstfahrende Autos stoßen im täglichen Straßenverkehr auf ähnliche Probleme. Auch in diesem Fall könnte das natürliche Navigationssystem des Gehirns Hinweise auf Hightech-Lösungen liefern.

Indessen gibt es noch viele Unsicherheiten, die es zu erforschen gilt. Zum Beispiel: wie reagieren die Zellen auf dynamischere Grenzen und Orientierungspunkte, bewegte Objekte oder Menschen?