Startschuss für 16 Millionen Deutsche auf der 5G- Autobahn

Startschuss für 16 Millionen Deutsche auf der 5G- Autobahn

18. Juni 2020 0 Von Horst Buchwald

Startschuss für 16 Millionen Deutsche auf der 5G- Autobahn

Berlin, 18.6.2020

Seit gestern können über 16 Millionen Menschen in Deutschland das 5G-Netz der Telekom nutzen. Somit versorgt der Mobilfunkkonzern jetzt über 1.000 Städte und Gemeinden ganz oder teilweise mit dem neuen Standard 5G.

Der Ausbau soll aber auf Hochtouren weitergehen. Mitte Juli 2020 werden über 40 Millionen Menschen in ganz Deutschland 5G im Netz der Deutschen Telekom nutzen können. Telekom-Deutschland-Chef Dirk Wössner sagte dazu: „Trotz der Corona-Krise … haben unsere Techniker über 12.000 Antennen für 5G fit gemacht. Bis Ende des Jahres werden es sogar 40.000 Antennen sein.“

Die Telekom nutzt 15 Megahertz-Mobilfunk-Frequenzen im 2,1 Gigahertz-Band für LTE und 5G. Davon stammen 5 MHz aus dem bisherigen 3G-Spektrum und werden umgewidmet. Zusätzlich habe die Telekom vorzeitig 10 MHz des jetzigen 3G-Spektrums eines anderen Anbieters erworben. Auch dieses sie für LTE und 5G ein. Ersteigert hatte die Telekom dieses Spektrum ursprünglich für die Nutzung ab dem Jahr 2021. Durch den vorzeitigen Zukauf verdreifacht der Konzern das bisher in diesem Frequenzbereich für die neuen Technologien genutzte Spektrum. Damit sollen Telekom-Kunden früher als ursprünglich geplant von deutlich höheren Surfgeschwindigkeiten bei LTE und 5G profitieren.

5G funkt in Großstädten in der Regel auf einer hohen Frequenz: Bei der Telekom auf 3,6 GHz. Hohe Frequenzen bieten höhere Geschwindigkeiten. Allerdings reichen diese Frequenzen nicht besonders weit. Auf der niedrigeren 2,1 GHz-Frequenz sind die Reichweiten der 5G-Antennen deutlich größer, allerdings ist hier die Bandbreite geringer. Dieses Prinzip ist bereits vom LTE-Ausbau bekannt: Hier werden Frequenzen mit großer Reichweite vor allem für die Flächenversorgung genutzt.

Weitere Leistungssteigerung auch bei LTE

Durch den Ausbau können nun auch die Nutzer von LTE mit einem weiteren Schub rechnen. Mehr Bandbreite entsteht durch den Einsatz des sogenannten Dynamic Spectrum Sharing (DSS). Damit betreibt die Telekom zwei Mobilfunk-Standards parallel in einem Frequenzband. Die neue Technologie verteilt das Spektrum bedarfsorientiert zwischen LTE- und 5G-Anwendern. Das Netz passt sich so innerhalb von Millisekunden automatisch dem Bedarf der jeweiligen Kunden an. Dadurch surfen auch LTE-Nutzer schneller als bisher.

DSS und das zusätzliche Spektrum erhöhen außerdem die Datenrate: Im ländlichen Bereich sollen die Geschwindigkeiten laut Telekom teilweise mehr als verdoppelt werden. Hier werden Kunden jetzt mit bis zu 225 Mbit/s surfen können. In städtischen Gebieten sind es 600-800 Mbit/s in der Spitze. Von diesen Geschwindigkeiten profitieren nicht nur Kunden mit den neuen 5G-Smartphones, sondern auch Kunden im LTE-Netz. In Großstädten wie Berlin oder Köln funken die 5G-Antennen auf 3,6 GHz sogar mit einer Übertragungsrate von bis zu 1 Gbit/s und mehr.

Wie groß die Netzabdeckung jetzt ist, kann man auf dieser Karte sehen:

https://www.telekom.de/start/netzausbau

Huawei bleibt im Geschäft

Zur Sicherheit des 5G-Netzes hat der Konzern eine klare Ansage gemacht. Bereits 2019 habe man entschieden, chinesische Lieferanten vom sicherheitskritischen Kernnetz fernzuhalten, in dem sich die zentralen Elemente zur Steuerung und Verarbeitung von Daten im Netz befinden. Dies gelte auch für das sich derzeit noch in der Standardisierung befindliche 5G-Kernnetz.

Was das Zugangs- oder Antennennetz aus den Funkmasten und den dazugehörigen Sende- und Empfangseinrichtungen betrifft, könne man 4G und 5G nicht isoliert betrachten, sagt die Telekom. 5G sei technisch kein eigenständiges Netz, sondern baue in das bestehende 4G-Netz neue Funktionen und technische Eigenschaften ein. So sei es auch nicht möglich, die LTE-Masten mit 5G-Komponenten eines Herstellers aufzurüsten, von dem nicht bereits die 4G-Technik stamme. Dies sei aber auch weniger problematisch, da im sogenannten Radio Access Network (RAN) keine Daten verarbeitet werden.

Im heutigen Bestandsnetz seien im Bereich der Antennen hauptsächlich Komponenten von Ericsson und Huawei verbaut. Auf sie werde man auch beim Ausbau auf 5G setzen und habe entsprechende Neuverträge geschlossen. Um mittelfristig eine größere Komponentenvielfalt zu erreichen, unterstützt die Telekom die sogenannte Open – RAN – Initiative, die unter anderem die technische Infrastruktur unabhängiger von einer bestimmten Hardware machen soll.

Die Regierungskoalition in Berlin streitet seit langem über die Beteiligung von Huawei am 5G-Ausbau. Die SPD will Anbieter aus Ländern ohne rechtsstaatliche Kontrollen sicherheitshalber ausschließen. Kanzlerin Angela Merkel und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU) sträuben sich bislang dagegen. Sie fürchten Ärger mit China und Nachteile für die deutsche Wirtschaft.

Branchenexperten befürchten zudem, dass ein Ausbau ohne Huawei deutlich länger dauern würde und auch höhere Kosten mit sich bringt. Die Deutsche Telekom müsste dabei nicht nur auf andere Ausrüster zurückgreifen. Sie müsste dann konsequenterweise auch bereits verbaute Technik an kritischen Stellen wieder entfernen, was auch das derzeitige 4G-Netz (LTE) treffen würde. Dieser Prozess könnte laut Aussage des internen Papiers bis zu fünf Jahre lang dauern. Aus der Bundesnetzagentur schließlich heißt es, dass kein Ausrüster spezifisch ausgeschlossen werden soll. Es müssten aber hohe Sicherheitsanforderungen eingehalten werden. Falls sich die Bundesregierung gegen den Einsatz der chineischen Technologie entscheiden sollte, würde dies Kosten von mindestens drei Milliarden Euro bedeuten, heißt es in Expertenkreisen.