Amerikas Tech-Riesen gerieten unter Druck

Amerikas Tech-Riesen gerieten unter Druck

30. Juli 2020 0 Von Horst Buchwald

Amerikas Tech-Riesen gerieten unter Druck

Washington, 30.7.2020

In einer mit Spannung erwarteten Anhörung sind am Mittwochmittag (Ortszeit) erstmals die CEO der Technologiekonzerne Apple, Facebook, Amazon und Google gemeinsam vor dem Kongress erschienen – aufgrund der Corona-Pandemie allerdings virtuell. Die mehr als fünf Stunden dauernde Anhörung war der vorläufige Höhepunkt der seit einem Jahr währenden Untersuchung der Wettbewerbskommission des Repräsentantenhauses. Sie wirft den vier Konzernen, die gemeinsam eine Marktkapitalisierung von rund 5 Billionen Dollar haben, wettbewerbsschädigendes Verhalten vor: Auf unterschiedliche Weisen nutzten sie ihre Marktdominanz, um Konkurrenten auszubremsen.

Im Mittelpunkt stand Amazon – CEO Jeff Bezos. Er hat als Einziger dem Kongress noch nie Rede und Antwort gestanden. Äußerst selten lässt er sich fotografieren oder filmen. Während er sein Privatvermögen , das etwa 170 Milliarden Dollar beträgt und ihn damit als reichsten Mann auf der Welt ausweist, mit keinem Wort erwähnte, stellte er seine Herkunft in den Mittelpunkt. Sein Vater war kubanischer Migrant. Wichtig war ihm außerdem zu zeigen, dass Amazon ein Jobmotor ist, der kleinen Betrieben gerade in der Pandemie eine Verkaufsplattform biete. In die gleiche Richtung gingen auch die Statements der anderen CEO‘s . Sie hätten weltweit Hunderttausende von Arbeitsplätzen geschaffen. Aber die Konkurrenz, insbesondere aus China sei hart.

Zur großen Überraschung der Medien präsentierten sich die Abgeordneten während der nun folgenden Kreuzverhöre als sehr gut vorbereitet. Mit zum Teil brutalen Attacken reagierten sie auf die Ausweichmanöver der Firmenchefs, als es darum ging, Fragen zu den Geschäftspraktiken zu beantworten

Tim Cook kam ins Schwitzen

Der demokratische Abgeordnete Hank Johnson aus Georgia brachte Apples Tim Cook ins Schwitzen, als er ihm die willkürlichen Regeln, mit denen der Konzern den Zugang zu seinem App-Store kontrolliere, vorwarf. Cook stritt dies ab und behauptete wenig überzeugend, dass er mit Windows, XBox oder Playstation um die App-Entwickler konkurriere. Facebook-CEO Mark Zuckerberg wurde mit Fragen zur Übernahme von Instagram 2014 in die Ecke gedrängt. Ihm hielt man entgegen, das die Übernahme explizit das Ziel gehabt habe, einen Wettbewerber zu neutralisieren. Zuckerberg wiederum schoss zurück und verwies darauf, dass der Wettbewerbsbehörde FTC all diese Informationen vorgelegen hätten, als sie die Übernahme gutgeheissen habe.

Die Herausforderung bei einer etwaigen Regulierung der Technologiekonzerne ist, dass ihre Sektoren schwer abzugrenzen sind – anders als es bei den Erdöl- und Eisenbahnmagnaten im 20. Jahrhundert war, denen ebenfalls monopolistisches Verhalten vorgeworfen wurde. Was Apple, Google, Facebook und Amazon jeweils sind, ist kaum in einem Wort zu beschreiben – entsprechend schwer ist es, Märkte und Wettbewerber zu definieren. Gleichzeitig nutzen die Firmen ihr enormes Finanzpolster, um neue Geschäftsfelder zu erschließen und dort kleinere Anbieter anzugreifen – man denke etwa an Apples Vorstoß in den Streaming-Sektor.

Bezos kam ins Stottern

Mit Spannung warteten die Beobachter auf die Reaktion von Bezos zu dem Vorwurf, dass Amazon seine Einblicke in die Daten von Drittanbietern nutze, um konkurrierende, billigere Produkte zu lancieren. Ein Anwalt hatte dies gegenüber dem Ausschuss vergangenes Jahr bestritten, aber das Wallstreet Journal hatte im April neue Belege dafür geliefert. Tatsächlich kam Bezos ins Stottern und gab zu, dass Regeln dies zwar untersagten und «erwartet werde, dass die Mitarbeiter diese einhielten». Die Befolgung werde aber, wie in seiner Antwort mitschwang, nicht überprüft.

Ähnliche Vorwürfe brachten die Abgeordneten auch gegen Google und Apple vor; sie alle würden ausnutzen, dass sie etwa über ihre App-Stores Einblicke in die Geschäftsdaten potenzieller Konkurrenten erhielten.

Auch die republikanischen Abgeordneten hatten die Geduld mit den Tech-Konzernen allmählich verloren; nur wenige Stimmen lobten den Unternehmergeist und den Erfolg der vier. Vielmehr kritisierten sie die angebliche Zensur konservativer Stimmen und warfen ihnen vor, dass sich die Westküstenfirmen dem Druck ihrer politisch links gesinnten Mitarbeiter beugten.

Eine weitere Überraschung gelang den Abgeordneten, als sie ohne Gegenwehr den vier Technologieriesen folgende Zusagen unter Eid abrangen: Sie mussten versprechen, keine unmenschlichen Arbeitsbedingungen bei der Herstellung ihrer Produkte zu tolerieren oder bei Produkten, die auf ihren Plattformen verkauft werden. Ebenso sicherten sie zu, dass sie in der Belegschaft und im Management mehr Frauen und Nichtweisse beschäftigen werden.

Die Position der CEO‘s war keineswegs einfach. Alle vier wollen strenge Regulierungen vermeiden, dennoch ist eine Verbrüderung ausgeschlossen, weil sie vielfach in Konkurrenz zueinander stehen: Google und Facebook etwa bei der Digitalwerbung; Google und Apple bei Smartphones und deren Betriebssystemen; Amazon und Google bei Suchanfragen. So war es auch keine Überraschung, dass die CEO‘ s sich auch gegenseitig angriffen. Amazon-Chef Bezos etwa erwähnte, welche Probleme soziale Netzwerke für die Diskussionskultur im Land darstellten.

Trump droht mit Dekreten

Das auch Präsident Donald Trump dieses Ereignis kommentieren musste, war keine Überraschung. Sein Spruch: Wenn der Kongress nicht endlich für Fairness bei «Big Tech» sorge, werde er es mit Dekreten tun.

Die Anhörung habe ihn überzeugt, dass diese Unternehmen in ihrer heutigen Form eine „Monopol-Macht“ besäßen, sagte der Vorsitzende des Unterausschusses für Wettbewerb und Wirtschaftsrecht, David Cicilline.

„Einige sollten zerschlagen werden, andere muss man angemessen regulieren.“ Ihre Kontrolle über den Markt erlaube es ihnen, Wettbewerb zu unterdrücken. „Das muss ein Ende haben.“ Der zum Justizausschuss gehörende Unterausschuss wird nun einen Bericht mit Empfehlungen verfassen.