Apple nutzt Datenschutz für verschärften Wettbewerb mit Facebook

Apple nutzt Datenschutz für verschärften Wettbewerb mit Facebook

11. Juni 2021 0 Von Horst Buchwald

Apple nutzt Datenschutz für verschärften Wettbewerb mit Facebook

 

San Francisco, 11.6.2021

Auf der Entwicklerkonferenz WWDC hat sich Apple als verantwortungsbewußtes Unternehmen präsentiert, bei dem das Thema Datenschutz nun groß geschrieben wird. Im Mittelpunkt stand dabei das Update der Betriebssysteme für iPhone und iPad , dass Anwenderinnen und Anwendern die Möglichkeit gibt, Werbe-Tracking wirksam unterbinden zu können. Außerdem wird die E-Mail-App künftig verhindern, dass Überwachungsprogramme nachvollziehen können, ob jemand eine Mail geöffnet hat oder nicht.

Dieser Vorstoß in Sachen Datenschutz ist ein Frontalangriff auf den Konkurrenten Facebook. Denn das Imperium von Mark Zuckerberg lebt davon, Daten über Menschen zu sammeln, um Werbung zielgerichtet ausliefern zu können. Die Proteste aus der Werbeindustrie konnten Cook nicht beeindrucken. Mit weitreichenden Veränderungen beim Apple-Browser Safari zeigt er den Datensammlern die Rote Karte: Künftig kann Safari seine eigene technische Adresse im Web verschleiern. Wer alle Netz-Verbindungen seiner Apps abschirmen möchte, kann auf die Funktion „Private Relay“ zurückgreifen. Sie ist Teil eines neuen Abos iCloud+. Ähnlich wie bei einem sogenannten VPN wird der User mit Private Relay bei seinen Bewegungen im Netz anonymisiert. Kleiner Wermutstropfen: Die beim klassischen VPN-Dienst („Virtual Private Network“) mögliche Virtualisierung des Standortes- z.B. um Streaming- Inhalte, die nur in den USA zugelassen sind zu sehen – entfällt.

Mit hohem Tempo setzt Apple bei allen Produktgruppen auf Künstliche Intelligenz. Auch hier steht der Datenschutz im Vordergrund. Denn in der Regel werden beim maschinellen Lernen Daten nicht an irgendwelche Server übertragen, sondern lokal auf den Apple – Geräten verarbeitet. Die am Montag angekündigte neue iPhone-Software soll Text in Fotos auslesen können, auf den Geräten wird automatisches Übersetzen in andere Sprachen möglich.

Die Videochat-App Facetime wird nach dem Boom von rivalisierenden Diensten wie Zoom in der Corona-Krise weiter ausgebaut. Apple tritt dabei aber nicht nur gegen Zoom an, sondern auch gegen Facebook. Denn die erneuerte Videochat-Software von Apple ermöglicht nun auch gemeinsame Filmabende mit Freundinnen und Freunden, obwohl jeder zu Hause ist. Das funktioniert quer über die Apple-Produktpalette – iPhone, iPad, Mac und Apple TV – hinweg. Und es klappt natürlich am besten, wenn alle Beteiligten zur Apple-Kundschaft gehören. Doch auch wer mit Android oder Windows arbeitet, kann sich demnächst in Facetime-Videochats einwählen. Dafür wird man Nutzer in einen Facetime-Chat über einen Link einladen können – so wie es etwa beim Videokonferenzdienst Zoom üblich ist. Auch dabei legt Apple Wert darauf, dass alle Verbindungen mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gegen ein Ausspähen geschützt werden.

Eine andere Botschaft richtete sich an die Geschäftspartner von Apple. So können Hersteller von Hausgeräten die Sprachassistentin Siri integrieren. Diesen Weg gehen bereits Amazon mit der Assistenzsoftware Alexa und Google mit seinem Assistant. Zusammen mit den Konkurrenten Google und Amazon will Apple im Smart Home nun den gemeinsamen Standard „Matter“ vorantreiben. Mit der Funktion „Universal Control“ lässt Apple nebeneinander positionierte Mac-Computer und iPad-Tablets mit Maus und Tastatur bedienen als wäre es ein Gerät, ohne dass sie dafür speziell verbunden sein müssen. Auch die Funktion „Gesundheit“ baut Apple weiter aus . So werden das iPhone und die Apple Watch künftig den Gang eines Nutzers analysieren können, um ihn vor einem erhöhten Fallrisiko zu warnen. In den USA kooperiert Apple mit medizinischen Einrichtungen, damit die Gesundheits-Anwendung „Health“ aktuelle Laborergebnisse direkt in der App anzeigen und interpretieren kann.

Die neuen Funktionen sorgten dafür, dass verschiedene Elemente von Apples Ökosystem enger miteinander verzahnt werden. Dadurch wird die Nutzung der Produkte leichter möglich.

Paralle zur Entwicklerkonferenz laufen Gerichtsprozesse, in denen Apple wegen seiner App-Store-Praktiken angeklagt wird. Worum geht es? Apple kassiert von App-Anbietern eine Gebühr zwischen 15 bis 30 Prozent des erzielten Umsatzes beispielsweise beim Abschluss von Abos oder In-App-Käufen. Der „Fortnite“-Macher Epic Games geht dagegen gerichtlich vor und erhielt auch dabei Rückendeckung von Facebook. Kurz vor Beginn der WWDC kündigte Facebook-Chef Mark Zuckerberg an, zumindest in den kommenden zwei Jahren keine Gebühren von Inhalte-Entwicklern einzufordern. Apple-Chef Tim Cook erwähnte in seiner Ansprache Epic Games nicht.

Andererseits geht aus einer Umfrage unter den App-Entwicklern hervor, dass die Mehrheit gegen die Zahl-Praxis keine Einwände hat. Mehr als 90 Prozent der mehr als 400 Befragten wollen weiterhin Anwendungen für Apple-Produkte entwickeln.