„Die Saat einer neuen Bewegung wurde gepflanzt“

„Die Saat einer neuen Bewegung wurde gepflanzt“

5. Dezember 2022 0 Von Horst Buchwald

Die Saat einer neuen Bewegung wurde gepflanzt“

Wie chinesische Internetnutzer Internetkontrollen umgingen

Peking, 5.12.2022

Während in den westlichen Medien Berichte über die Demonstrationen auf den Straßen der nordwestlichen Stadt Ürümqil gesendet wurden, wo gegen Chinas Null-Covid – Politik protestiert wurde, entwickelte sich in den sozialen Medien und hier vor allem in der Super – App WeChat ,eine nach Ansicht von Insidern viel größere Protestwelle.

Nutzer teilten Videos der Demonstranten und Songs wie „Do You Hear the People Sing“ aus Les Misérables , Bob Marleys „Get Up, Stand Up“ und Patti Smiths „Power to the People“.

In den folgenden Tagen weiteten sich die Proteste aus, indem eine Verflechtung von Smartphones und sozialen Medien zur weltweiten Verbreitung der Protestaktionen sorgten. Darunter war der Bericht über eine größtenteils maskierte Menge im Pekinger Stadtteil Liangmaqiao. Indem leere Blätter hochgehalten wurden um auf diese Weise ein Ende der Covid- Politik zu fordern. Das gleiche Ziel verfolgen Demonstranten an der Elite-Tsinghaua-Universität, indem sie Ausdrucke einer physikalischen Formel hochhielten. Es war die Friedman- Gleichung, sie klingt auf chinesisch wie „freier Mann“.Ähnliche Proteste und Szenen fanden im ganzen Land statt.

Überraschend lange hat die chinesische Regierung gebraucht, bis sie versuchte, die Dynamik der digital versierten Bevölkerung ein Ende zu machen, was ihr jedoch nur schwer gelang. Die Experten kamen daher zu dem Schluss, dass ein Teil der chinesischen Internetnutzer inzwischen gute Kenntnisse darüber besitzt, wie sie der Zensur entgehen kund Internetkontrollen wirkungslos machen können.

In einem Bericht von „“Wired“ heisst es: „ Erfahrene Organisatoren verwendeten verschlüsselte Apps wie Telegram oder teilten sie mit westlichen Plattformen wie Instagram und Twitter, um die Nachricht zu verbreiten.“ Andere Techniken zur Umgehung der Zensur waren das Posten von Filtern zu Videos vor dem Teilen, um automatische Erkennungssysteme zu umgehen. Zur Bekannt- und Weitervergabe von Aktionen wurden Wortspiele und Memes eingesetzt .Verschlüsselte Sprache wie „wir gehen spazieren“ und Ähnliches kam zum Einsatz.

In den letzten drei Jahren, so war zu hören, hätten immer mehr Menschen entsprechende Kenntnisse im Umgang und Einsatz von VPN und sozialen Plattformen wie Twitter und Instagram erworben. Bekannt sei auch, dass die Chat – App Telegram sowie die lokale Dateifreigabefunktion AirDrop von Apple ausreichend gute Möglichkeiten zur Verbreitung von Informationen über Proteste verfügen.

Doch auch wer die entsprechende Technik sowie die Kenntnisse nicht besitzt, wusste, wie man seine Meinung zu Ausdruck bringen kann. Er griff zum Telefon.

 

Indessen hat die Cyberspace Administration of China den Plattformen und Suchmaschinen befohlen, Inhalte im Zusammenhang mit den Demonstrationen zu überwachen und Informationen über die Verwendung von VPNs zu entfernen. Auf den Straßen und in den sozialen Netzen ist es ruhig geworden. Die Zensurmaschinen laufen auf Hochtouren, wird verbreitet. Hinzu komme eine starke Polizeipräsenz . Wie die Aktion einiger lokaler Behörden, die Covid- Beschränkungen zu lockern, einzuschätzen ist, müsse man abwarten.

 

Was diese Proteste hingegen an Neuem gebracht hätte, sei jedoch ermutigend:“Die Saat einer neuen Bewegung“ sei gepflanzt worden und die habe gezeigt, „dass selbst gelähmte digitale Werkzeuge ihnen überraschende Macht verleihen“.