KI- Supermacht Wer hat die Nase vorn? Teil 4
25. März 2019KI- Supermacht Wer hat die Nase vorn?
Teil 4:
Es gibt nur zwei Seiten: Gleichgesinnte und Gegner
Von Horst Buchwald
Der entscheidende Auslöser für Huawei, nun den Sprung auf die westlichen Märkte zu wagen, war ein Kredit in Höhe von 10 Milliarden Dollar zu Beginn des Jahres 2004. Genehmigt hatte ihn die China Developement Bank (CDB). Weitere 600 Millionen Dollar legte die Export- Import- Bank of China oben drauf.
Mit diesem massiven Finanzpolster im Rücken, konnte Huawei nun aggressiver als zuvor mit dem Hauptmittel Preisdumping operieren. Der Erfolg kam rasch. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um 85 Prozent auf vier Milliarden Dollar. Bemerkenswert: über 50 % davon entstammten aus dem Ausland. Ein wichtiger Markt wurde Großbritannien, denn die Telekomunikations-giganten British Telecom sowie Vodafone entschieden sich für Huawei als Anbieter von Telekomunikationsgeräten. Auch in den USA lief es gut. Der dort erzielte Umsatz wurde mit 765 Millionen Dollar angegeben. Der wichtigste Kunde auf diesem Markt war Leap and Best Buy. 2012 überholte Huawei schließlich den Konkurrenten Ericsson und wurde somit zum weltweit größten Telekommunikationsanbieter.
Mit 140.000 Beschäftigten, davon allein 40.000 nicht- chinesische Mitarbeiter und 49.000
Patentanmeldungen war Huawei im Westen eine Größe, die man nicht mehr übersehen konnte. Doch damit begnügten sich die Chinesen nicht, sie wollten nun auch auf dem Mobilfunkmarkt eine Spitzenstellung erreichen. Den Anfang machten die Ascend Smartphones. Auch damit war Huawei erfolgreich und so belegten sie im Jahr 2015 bereits den dritten Platz bei den Smartphone- Verkäufen. Nur Samsung und Apple waren besser.
Dann begann der Angriff. Die Regierungen in den USA und Australien hinderten Huawei daran, in ihren Ländern ein Netzwerk zu errichten. Begründung: nicht sicher genug. Der zweite Schlag folgte sogleich : in den USA wurde der Verkauf von Huawei Mobilfunkgeräten verboten. Es hieß, die Chinesen hätten ein Hintertürchen in den Handys installiert , das sie für Spionagezwecke nutzen würden. Washington orientierte sich bei dieser Entscheidung an dem Bericht des US – Geheim-dienstausschusses vom Oktober 1912. Darin wurde die Empfehlung ausgesprochen, keine Geschäfte mehr mit Huawei und ZTE zu machen. Der Grund: „Erhebliche Sicherheitsbedenken.“
Mit dem Makel des „Spions“ leben?
Der nächste Punkt: Huawei hatte sich als offenes Unternehmen präsentiert und seit 2005 Geschäftsberichte vorgelegt, obwohl es dazu nicht verpflichtet war. Es dauerte jedoch bis zum Jahr 2015, bis man in den USA entdeckte, das es diverse Widersprüche gab: das begann mit Ungleichheiten zwischen der chinesischen und englischen Version sowie Änderungen bei der Berichterstattung. Keine allzu großen Fehler, aber so mancher US- Bürger sagte sich: Finger weg von diesen „Betrügern.“
Von nun an hing Huawei der Makel des „Spions“ an. Doch es war eine Pattsituation entstanden: Die Amerikaner behaupteten, Huawei würde spionieren, legte jedoch keine Beweise vor. Die Chinesen stritten alles ab – aber wie konnten sie beweisen, das sie nicht spionieren? Bevor wir darauf eingehen, lohnt es sich, nachzulesen, mit welcher ausgefeilten Argumentation der Erfinder dieser Strategie die Mitwelt beeindruckte. Sein Name: Michael Hayden. Sein Beruf: er war einst Chef des CIA und der NSA.
Bevor das Interview beginnt, in dem es im Kern um Huawei ging, erzählte er nebenbei, das die Chinesen ihn gern auf ihre Seite gezogen hätten:
„Vor zwei oder drei Jahren versuchte Huawei, hier in den Vereinigten Staaten eine ziemlich bedeutende Präsenz aufzubauen. Und sie versuchten, Menschen wie mich – als ehemaligen Leiter der NSA und der CIA – dazu zu bringen, ihre Präsenz in den USA zu unterstützen. In ihrem örtlichen Vorstand zu dienen oder eine andere Art geschäftlicher Beziehung zu ihnen zu haben“. Haydn ließ das unkommentiert. Doch auch so wird das Nichtgesagte deutlich: Für wie dumm halten die mich eigentlich? Ich bin ein Patriot! Hayden liebt es, locker und volksnah zu erzählen:
„Ich habe das Berichtspapier von Huawei durchgesehen, in dem alles richtig war. Man könnte beinahe annehmen, das ich beruhigt war. …Aber Gott hat nicht genug Briefing-Folien zu Huawei gemacht, um mich davon zu überzeugen, dass es in Ordnung ist, wenn sie in unsere kritische Kommunikationsinfrastruktur eingebunden sein werden“.
Darüber habe er nachgedacht und kam zu dem Schluß: „Nein, es ist einfach nicht akzeptabel, dass Huawei das Rückgrat des inländischen Telekommunikationsnetzes in den Vereinigten Staaten (bildet) . ….Ich sehe die Gefahr von Implantaten und Hintertüren in Telekommunikationsnetzen. Darüber hinaus ist es ein ausländisches Unternehmen, das durch den Aufbau eines Telekommunikationsnetzes intimes Wissen erlangt.“
Wo bleiben die Beweise?
Daraufhin wird er gefragt: „Stellt Huawei eine eindeutige nationale Sicherheitsbedrohung für die USA und Australien dar“? Antwort: „ Ja, das glaube ich.“ Auf die Nachfrage, ob er glaube, dafür würden „harte Beweise exstieren“ sagt Hayden: „..ich habe keinen Grund, den Glauben in Frage zu stellen. Das ist mein fachliches Urteil.“ Die Frage wird dann präzisiert: „Sie glauben, dass es vernünftig ist anzunehmen, dass es harte Beweise dafür gibt, dass Huawei im Auftrag des chinesischen Staates Spionage betrieben hat“? Hayden antwortet: „Ja, das ist richtig. Zumindest hätte Huawei mit dem chinesischen Staat ein vertieftes und umfassendes Wissen über die ausländischen Telekommunikationssysteme geteilt, mit denen es zu tun hat. Ich denke das ist selbstverständlich. Das ist eine Realität“.
Und wie ist es mit den Beweisen?No Problem für Hayden : „In Anbetracht der umfassenden nationalen Sicherheitsrisiken, die ein ausländisches Unternehmen beim Aufbau Ihrer nationalen Telekommunikationsnetze mit sich bringt, liegt die Beweislast jedoch nicht bei uns sondern bei Huawei“.
Die entscheidende Aussage ist also: Huawei betreibt Spionage im Auftrag des chinesischen Staates. Und in der Tat: Die Angegriffenen haben keine guten Karten. Hayden nennt den Artikel 7 des chinesischen Geheimdienstgesetzes von 2017 mit keinem Wort, doch die Medien verbreiten ihn unabhängig von seinem Interview. Danach wäre Huawei gesetzlich verpflichtet, den chinesischen Geheimdiensten auf Anfrage zu helfen.
Die Lage ist also kompliziert. Die USA können nicht beweisen, das Huawei spioniert- müssen sie auch nicht – es gibt ja den Artikel 7. Es nützt auch gar nichts, wenn die Huawei-Spitze bei jeder sich bietenden Gelegenheit betont: wir nicht, wir würden die Geheimnisse unserer Kunden niemals verraten. Ein Beispiel: im Februar nimmt Firmenchef Ren dazu in der „Financial Times“ Stellung: Huawei habe „niemals eine Anfrage von einer Regierung erhalten, regelwiedrige Informationen zu übermitteln.“ Und weiter: „ Ich liebe mein Land, ich unterstütze die Kommunistische Partei, aber ich werde niemals etwas tun, was irgendeinem Land in der Welt schadet.“
Als Ren dieses Interview gab, saß seine Tochter – bis dahin Finanzchefin des Unternehmens – in Kanada fest. Meng Wanzhou wurde am 1. Dezember 2018 am Flughafen Vancouver festgenommen. Ihre Auslieferung in die USA wurde beantragt. Die Anklageliste ist lang: Industriespionage, Finanzbetrug, Behinderung der Justiz, Verstöße gegen Iran-Sanktionen. Damit wurde bereits deutlich: die Amerikaner nutzen im Wettkampf mit China jede sich bietende Gelegenheit, um die Asiaten zu schwächen. Auch die EU -Länder sowie manch andere werden hineingezogen in diese Auseinandersetzung. Und die Außenpolitiker der Trump- Administration machen dem Rest der Welt unzweideutig klar: es gibt hier nur zwei Seiten: Gleichgesinnte und Gegner. Wer nicht gleichgesinnt ist, wird mit mehr oder weniger Druck dazu „gemacht“. Okay, da gibt es noch ein kleines drittes Grüppchen: die Unentschlossenen. Dazu gehört auch Deutschland. Haben wir eine Chance, in dieser Frage die Schweizer Karte zu spielen? Schließlich sorgte die Trump- Administration dafür, dass KI auch in den mit China begonnenen Handelskrieg einbezogen wird. Was veranlaßt die Amerikaner, derart aggressiv gegen China vorzugehen ? Experten sagen, es gibt für ihn ein rotes Tuch: das ist Pekings industriepolitische Kampagne „Made in China 2025“. Die Zielstellung der Asiaten: wir wollen in den nächsten Jahren Technologie-Macht Nr. 1 sein. Das will Trump mit aller Macht verhindern. Mehr dazu im nächsten Teil.
Forts. folgt