Geely Auto Group hat ehrgeizige Ziele  – aber auch Probleme

Geely Auto Group hat ehrgeizige Ziele – aber auch Probleme

28. Mai 2019 0 Von Horst Buchwald

HONG KONG

27.5.2019

Geely Auto Group hat ehrgeizige Ziele – aber auch Probleme

Geely, Chinas größter privater Autohersteller, treibt seine Bemühungen, selbstfahrende Technologien zu entwickeln, massiv voran. Der Grund: die Inlandsnachfrage lässt nach. Der Besitzer von Volvo Cars gab Anfang Mai sein nächstes Ziel bekannt: bis 2022 werde man die selbstfahrende Technologie der Stufe 4 einführen. Damit ist das völlig autonome Fahren unter bestimmten Bedingungen gemeint.

Es wird erwartet, dass Geely mit dieser Ankündigung den Wettbewerb um die Einführung erweiterter autonomer Fahrfunktionen zwischen den global agierenden Autogiganten verschärfen wird. Dabei zeichnet sich ab, dass die Schlacht um die intelligentesten Fahrzeuge auf dem größten Automobilmarkt der Welt, nämlich China, stattfinden wird.

Die chinesischen Produzenten werden zudem von der Pekinger Regierungs – Initiative „Made in China 2025“ herausgefordert. Dieser Plan sieht vor, dass bis 2020 die Hälfte der im Land verkauften Neuwagen über eine gewisse autonome Fahrtüchtigkeit verfügen sollen. Eine weitere Forderung lautet, dass autonome Fahrzeuge bis 2025 eine Marktdurchdringung von 60% erreichen sollen. Vor diesem Hintergrund kündigte CEO An Conghui an: Geely Auto werde sich zu einem Technologieführer entwickeln, bei dem die autonome Antriebstechnik im Mittelpunkt stehe.

Derzeit sind sechs Modelle der Marke Geely mit autonomen Antriebssystemen der Stufe 2 im Angebot. Bis Ende April wurden davon insgesamt 450.000 Einheiten verkauft. Damit ist Geely führend bei der frühzeitigen Einführung autonomer Antriebstechnologien. Fahrzeuge von Lynk & Co., dem Joint Venture mit Volvo Car, sind serienmäßig bereits mit Funktionen wie der Kompatibilität digitaler Zahlungen für den Einsatz im Carsharing ausgestattet.

Doch bei der Stufe 3 gibt es wohl schon Probleme: „Es ist unwahrscheinlich, dass Chinas Infrastruktur die Einführung von selbstfahrenden Systemen der Stufe 3 in naher Zukunft ermöglichen wird“, behauptete Nick Lai, Leiter der asiatischen Automobilforschung bei JP Morgan, weil die Regulierungsbehörden bei potenziellen Sicherheitsproblemen immer noch sehr vorsichtig sind. Systeme der Stufe 3 ermöglichen es dem Fahrer, sich in bestimmten Szenarien von einigen Fahrfunktionen zu lösen, während Systeme der Stufe 2 oder 1 nur eine gewisse Unterstützung für den Fahrer bieten.

Andererseits sind viele Automobilproduzenten bereits in der Lage , unter geschlossenen Bedingungen völlig autonomes Fahren zu erreichen. Um das Testen unter verschiedenen Szenarien zu erleichtern, unterzeichnete Geely Anfang des Monats eine Vereinbarung mit der Stadtverwaltung von Ningbo, Provinz Zhejiang, um eine autonome Fahrversuchszone zu schaffen. In dieser Zone können selbst fahrende Fahrzeuge mit anderen Autos und der Infrastruktur über strassenseitige Sensoren, Kantenverarbeitungssysteme und 5G-Technologien kommunizieren.

Indessen haben einige Analysten eine weitere Hürde für chinesische Automobilhersteller entdeckt: den Mangel an inländischen Zulieferern, die anspruchsvollere selbstfahrende Lösungen unterstützen. Handelshemmnisse mit den USA über fortgeschrittene Technologien und das wachsende Misstrauen ausländischer Regierungen gegenüber chinesischen Investitionen könnten die Fähigkeit der chinesischen Automobilhersteller, ausländische Unternehmen mit den erforderlichen Technologien zu erwerben, weiter beeinträchtigen.

„Derzeit sind die Technologien ausländischer Teilelieferanten den inländischen Herstellern weit voraus“, sagte Toliver Ma, Analyst bei Guotai Junan Securities in Hongkong, „Es gibt kein chinesisches Unternehmen, das Teile für Fahrzeuge mit selbstfahrenden Systemen der Stufe 4 liefern kann“.

Ma erwartet, dass chinesische Unternehmen einer intensiveren Überprüfung ihrer Versuche, Teilehersteller zu erwerben, insbesondere in den USA, ausgesetzt sind. Dabei sei die regelmäßige Beschaffung wahrscheinlich nicht betroffen, denn die meisten internationalen Unternehmen hätten Fabriken auf dem chinesischen Festland .

Geely bestreitet derartige Probleme mit dem Hinweis auf die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten von Volvo Cars. Geely betreibe zwar Forschung in China, baue jedoch auch seine ausländischen F&E-Standorte aus. Dazu gehöre auch ein neues Forschungszentrum in Deutschland. Dort seien die „neuen Antriebssysteme und die Mobilitätstechnologie der nächsten Generation“ ein Schwerpunkt. Das Unternehmen werde darum auch rund 300 Ingenieure und Technologiespezialisten einstellen. Die Gruppe verfügt außerdem über Forschungszentren in Coventry, Großbritannien, und Gothnburg, Schweden.