Huawei-Boss: „Die USA können uns nicht vernichten“
20. März 2019Ki- Supermacht Wer hat die Nase vorn?
Teil 3
Von Horst Buchwald
„Die USA können uns nicht vernichten“
Ren Zhengfei, der Gründer von Huawei, machte bisher nie durch drastische Worte von sich reden. Doch kürzlich platzte ihm der Kragen. Egal, welches Medium er aufschlug oder ansah, überall wurde behauptet, das sein Unternehmen Wirtschaftsspionage betreibt. Schlimmer noch: der Erzfeind Amerika in Gestalt der Trump- Administration hatte diese Behauptung in die Welt gesetzt ohne auch nur einen Beweis vorzulegen. Dennoch: immer mehr Länder nahmen die Warnungen aus dem Weißen Haus ernst und kickten Huawei als Netzausrüster für die 5 G- Netze aus dem Markt. Es begann mit Australien und Neuseeland, dann folgte Japan. Nur in Großbritannien und Deutschland waren sich die Entscheider noch nicht einig. Man mußte kein Hellseher sein um zu erkennen, das dem chinesischen „Wunderkind“ immer mehr Märkte wegbrechen würden. Darum gab Ren seine Zurückhaltung auf und stellte in Richtung Washington fest: „Die USA können uns auf keinen Fall vernichten“.
Will das der US- Präsident? Nur er allein? Oder gibt es noch weitere Huawei-Gegner ? Wir werden sehen. Der Argumentationsstrang der Trump-Administration sieht folgendermaßen aus: Die 5G – Netze sind wie der Strom für die Elektroindustrie das Kernelement einer Industrie 4.0 sowie des Internets der Dinge – also das Schlüsselbund für die Tür in die Zukunft. Dies in der Hand der schärfsten Konkurrenten um die Weltmacht zu belassen, wäre ein großer Fehler, denn sollten sich Konflikte einmal zuspitzen, könnte China mit einem Kill- switch den Westen ernsthaft aus dem Gleichgewicht kippen. Er wäre für Jahrhunderte erledigt. America first wäre gescheitert. China wäre dann unangefochten die bestimmende Weltmacht. Wollt ihr das?
Mit dieser Argumentation machen die Amerikaner auf einen weiteren Markt aufmerksam – die Smartphones. Auch hier hat Huawei eine Spitzenstellung erreicht. Nach Samsung sind sie gegenwärtig die Nr.2 . Doch der Bannstrahl traf bisher nur den Geschäftsbereich Netzausrüstung. Nicht ausgeschlossen, das aus Washington schon bald der Boykottaufruf gegen Smartpones von Huawei folgt. Denn auch hier könnten „Hintertüren“ für Spionagezwecke eingebaut sein.
In unseren Medien wurde häufig gefragt: ist Huawei Freund oder Feind? Damit ist gemeint, steht dieses Unternehmen unter der Kontrolle der Kommunistischen Partei? Muß Huawei den chinesischen Gesetzen folgen und auf Wunsch des Geheimdienstes seine „Erkenntnisse“ über die Kunden preisgeben? Die Frage ist also: Wer ist Huawei? Wie hat dieses chinesische Unternehmen es geschafft, in zwei für die Zukunft entscheidenden Märkten an die Weltspitze zu kommen ?
Wie die Huawei -Strategie funktioniert
Die Geburtsstunde schlägt 1987. Der ehemalige Bauingenieur Ren Zhengfei gründete Huawei. Sein erstes Geschäft war der Weiterverkauf von importierten Telekommunikationsschaltern aus Hongkong. 1990 entschied sich Ren zu einem für chinesische Unternehmen außergewöhnlichen Schritt: er entschied, das die Technologie, die sie verkaufen, im eigenen Haus erforscht und entwickelt wird. Damit entschloß sich Huawei, einen anderen Weg zu gehen als seine Konkurrenten. Um in der High-tech-Branche Fuß zu fassen, entschieden sie sich, über ein internationales Joint Venture von ihren ausländischen Partnern zu lernen. Anders bei Huawei. Dort kümmerten sich 200 Mitarbeiter um die Produktion, aber 500 weitere zerbrachen sich den Kopf in der Forschung und Entwicklung. Außerdem war Huawei ein privates Unternehmen. Kredite aus dem staatlichen Kreditsystem waren für sie kein Thema.Was tun? Es blieb nur ein Weg: Kredite zu höheren Zinsen bei den Großen aufnehmen.
Und der Erfolg? Er kam mit leisen Schritten 1993. Damals brachten die Huaweier ihr erstes selbst entwickeltes Technologieprodukt auf den Markt- ein Telekommunikations-Switch, mit einer konkurrenzlosen Kapazität. Es wurde schon bald landesweit eingesetzt. Und nun ging es schon leichter voran, denn Ren entdeckte den nächsten bedeutenden Markt. Während einheimische und internationale Telekommunikationsunternehmen sich auf die wirtschaftlich entwickelten großen Städte warfen, vernachlässigten sie die ländlichen Bereiche. Hier hatte nur Erfolg, wer wegen der variablen Stromversorgung die richtigen Telekomunikationsschalter zur Netzwerkanpassung besaß. Huawei hatte sie. Ergebnis: 1995 meldete das Unternehmen einen Umsatz von 1,5 Mrd. RMB (ca. 237 Mio. Dollar).
Indessen explodierte der Mobilfunk in China. 1987 startete er mit 700 Nutzern. 1995 waren es schon 5,2 Millionen. Huawei erkannte die Bedeutung und richtete zwei Forschungszentren in Shanghai und Peking ein. Dabei entschieden sie sich für den sogenannten Reverse Engeneering Ansatz. Das bedeutet: Aus demontierten Fremdprodukten sowie dem Zukauf von Komponenten wie Mikrochips entstanden hauseigene Produkte. Wunderwerke der Technik konnte man dazu freilich nicht sagen. Aber 1996 war auch der chinesischen Regierung die Bedeutung dieser neuartigen Telefone klar und sie begann mit Finanzspritzen die einheimischen Unternehmen zu fördern. Für Huawei war das der Start in den Olymp. Denn einige prominente Regierungsmitglieder fanden den Weg, den Huawei gegangen war, lobenswert und um das anzuerkennen, vergaben sie auch Großaufträge an Huawei. Darunter waren der Aufbau einer Telekommunikationsinfrastuktur im Land sowie der nationalen Eisenbahn die bedeutendsten.
Vor diesem Hintergrund und weil die Kapitalausstattung sich noch mal verbesserte, nahm sich Huawei auch den Großstadtmarkt vor. Dazu setzten sie ein Mittel ein, das auch viele Jahre später immer wieder wirkte: Preisunterbietung. So wurde Huawei schon bald der nationale Marktführer für Telekommunkations- Switches. Die dabei erzielten Gewinne flossen zum großen Teil in die Forschung und Entwicklung der Mobilfunkabteilung.
Doch dann begann der Orkan eines intensiven Wettbewerbs auf der globalen Ebene. Die Preisunterbietungsstrategie kam an ihre Grenzen. Wo war noch Wachstum zu erzielen? Huawei machte sich keine Illusionen: für einen Einstieg in die lukrativen Märkte USA und Europa waren ihre Produkte noch nicht reif. Anders sah es in den weniger entwickelten Ländern aus. Den Anfang machte Huawei in Rußland. Dort unterboten sie die Preise um 12 Prozent plus einem überzeugenden After – Sales – Service. Weitere Märkte öffneten sich: Thailand, Brasilien und Südafrika. Hier zwang die Konkurrenz Huawei, ihre Produkte um bis zu 30 % geringer anzubieten.
2001 wagten sich die Chinesen in die Höhle des Löwen: die USA. Während erste Erfolge aus den Niederlanden und Deutschland sie beflügelte. Der Durchbruch kam mit dem Ausbau von 3- G- Netzen. 2004 war Huawei an 14 der 19 globalen 3 – G- Netzwerkaubauten beteiligt und die Auslandsumsätze überstiegen die inländischen.
Beste Aussichten also?
Die Huawei-Strategie war bis zu diesem Zeitpunkt folgende: mit einer starken Forschungs- und Entwicklungsabteilung eigene Produkte in unterversorgte Marktbereiche Chinas sowie mit Preisdumping in weniger entwickelten Ländern zu etablieren. Konnte diese Methode in den lukrativen aber von intensivem Wettbewerb beherrschten Ländern des Westens auch funktionieren? Nein, das erfolgreiche Eindringen in die Höhle des Löwen wirkte wie eine Schachmatt-Drohung in fünf Zügen. Nun war ein angemessener Gegenschlag gefragt. Der ließ nicht lange auf sich warten.
Forts. folgt